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“maschek“ Kabarettist Stachel: Ich bin nicht der Hofnarr von Wolfgang Schüssel

Robert Stachel: Ich bin nicht der Hofnarr von Wolfgang Schüssel

Bereits als Kind amüsierte sich Robert Stachel mit kunstvollen Parodien über seine Lehrer. Heute ist er Teil des erfolgreichen maschek-Trios, das mit Synchros und Bühnenspiel Österreich zum Lachen bringt. Im Interview spricht er über die Grenzen von Satire, das für ihn schockierende Wahlergebnis von 1999 und warum er die Geburtstagseinladung von Wolfgang Schüssel für grotesk hält.

Wann haben Sie zum ersten Mal in Ihrem Leben jemanden parodiert?

Die Parodie ist schon lange ein Teil meines Lebens, sodass ich gar nicht mehr weiß, wann es begonnen hat. Aber das erste Thema, das ich behandelte, war sicher die Schule. Ich erinnere mich an viele Momente mit meinem Vater, der selbst Lehrer war. Mit ihm gemeinsam habe ich das Parodieren geradezu zelebriert und kultiviert. Wir haben gemeinsam Lehrer nachgemacht, er seine eigenen von früher, die ich dann lebendig vor mir sehen konnte. Schon in meiner Schulzeit hielt mich das Parodieren am Leben, weil es ein Ventil für den Ärger über Autoritäten war.

Wie haben die Lehrer reagiert?

Die haben das wohl nicht mitbekommen. Ich suchte nicht die große Bühne, ich war nicht der große „Aufzeiger“ in der Schule, war eher zurückhaltend. Die Schule war für mich keine Bühne. Die Reaktion eines Lehrers oder eines anderen Betroffenen interessierte mich damals nicht. Ich versuchte dem eigentlich aus dem Weg zu gehen. Die Parodien waren für mich und mein engstes Umfeld. Und auch heute mache ich es für die Menschen, die freiwillig zu uns kommen – und nicht für die, die ich thematisiere.

Wann wussten Sie, dass es sich um eine Berufung handelt?

Interessiert hat mich das immer schon: Die Komödie, die Parodie, die Bühne. Aber ich habe erst ein paar Anläufe gebraucht, bis ich wirklich in diese Richtung gehen konnte. Mit Mitte 20 war ich ein Jahr im Ausland, das war eine Zeit des Umbruchs und Neubeginns. Nach meiner Rückkehr zeichnete sich bereits das Bühnenleben ab. Zwischen 1998 und 2006 brauchte ich noch andere Jobs und Tätigkeiten, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Danach begann die Zeit, in der ich mich von maschek ernähren konnte.

Bild: Ines Mahmoud
Bild: Ines Mahmoud

Erinnern Sie sich an die erste Persönlichkeit, die Sie auf der Bühne parodierten?

Na ja, wir haben eigentlich mit einem etwas anderen Konzept begonnen. Anfangs arbeiteten wir mit sogenanntem „Found Footage“. Wir gingen zum Flohmarkt und kauften uns Fotos, Dias und Super-8-Filme. Wir konstruierten aus langweiligen Geschichten, die uns Fremde durch ihre Alben und Filme erzählten, aufregende Sensationen. Wir machten etwa das Wien aus den 70er-Jahren zu einem New York oder L.A. und daraus ergab sich eine absurde Komik. Also wir sehen etwas, was offensichtlich nicht das ist, was wir hören. Diese Personen, die zu sehen waren, kannten wir natürlich nicht. Daher gibt es „die“ erste Person in meiner Arbeit nicht. Was es aber gibt, ist der Beginn dessen, was wir heute machen, nämlich die Synchros.

Es begann mit dem Public Viewing für die Nationalratswahlen 1999, wo wir als Moderatoren bzw. als Conférenciers gebucht wurden. Die Wahl, die Schwarz-Blau bzw. Blau-Schwarz einläutete. Nur wir wussten das zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht. Die Veranstaltung fand im Flex statt, dem Wiener Club, der damals eine Hochburg der alternativen politischen Jugendkultur war. Als das Wahlergebnis eintraf, lag so etwas wie Schock, Ärger und Wut in der Luft. Und dann kamen alle Spitzenkandidaten zur Elefantenrunde im TV zusammen. Da saß dieser überlegen grinsende Jörg Haider und der vor den Kopf gestoßene Bundeskanzler Viktor Klima neben einem Wolfgang Schüssel, der auch nicht ganz wusste, wo vorne und hinten ist. Wir haben den Ton abgedreht, weil wir das Gequatsche, vor allem von Viktor Klima, nicht mehr ertrugen. Wir waren schockiert über einen Mann, der wie ein Kaninchen vor der Schlange einfach da saß und nichts mehr zu sagen hatte. Wir haben dann einfach das gesagt, was zu sagen ist. Es war vielleicht albern und aus der Wut heraus nicht genau oder besonders gut, aber es war ein Ventil, um der kalten Wut eine Stimme zu geben.

Bild: Ines Mahmoud
Bild: Ines Mahmoud

Also ein politischer Protest von Ihrer Seite?

Unbedingt! Das war eine aktionistische Intervention: Wir drehen denen den Ton ab und wir holen uns unsere Deutungshoheit zurück. Daraus entstanden eine Marke und ein Aktionismus, der bis heute hoffentlich in unseren Clips zu sehen ist.

Geht es immer um einen politischen Protest oder manchmal nur um die sprachliche Parodie an sich?

Im Idealfall ist es beides. Wir finden einer Nummer dann gelungen, wenn sie sowohl eine politische Dimension hat als auch deppert ist. Wenn wir schon bei der Produktion lachen, weil sowohl die Form passt als auch die Message vorhanden ist, dann ist es ideal. Natürlich gibt es Nummern, die eher den journalistischen Anspruch haben und andere wiederum nur einen humorvollen.

Gibt es beim Parodieren eine Grenze, die nicht überschritten werden sollte?

Das ist sehr schwer zu beantworten, es gibt auch nicht die „maschek-Position“ dazu, sondern drei Einzelpositionen. Ich finde, je weiter ein Witz über eine Grenze geht, desto besser muss er sein. Es ist einfacher, Fäkalausdrücke und Derbheiten auf die Bühne zu bringen als durchdachte, clevere Satire und kluge Wortspiele. Es ist dann eben im wahrsten Sinne eine unsaubere Arbeit. Trotzdem tut es einfach gut, manchmal Scheiße zu sagen. Ähnlich ist es mit einer Beleidigung. Wenn sie substantiell ist, dann muss ich sie äußern. Wenn es nur darauf abzielt, jemanden anzuschwärzen oder herunterzumachen, dann finde ich es nicht lustig. Aber wenn im Idealfall sogar der Betroffene selbst darüber lachen kann, dann war der Witz offenbar gut genug. Beim Produzieren einer neuen Nummer gibt es immer wieder Diskussionen, ob oder wie man etwas sagen kann. Man muss es ja dann ein paar Mal auf der Bühne spielen und davon überzeugt sein. Und für harte Streitfälle hat jeder von uns einmal pro Jahr ein Veto. Das müssen die anderen dann akzeptieren, der Witz wird dann nicht gespielt. Es kommt aber nur selten dazu.

Nach der Katastrophe von Paris: Wenn Satire alles darf, soll sie auch alles tun?

Satire soll alles tun dürfen, ich tue aber nicht alles. Witze über Religionen sind eine undankbare Sache. Ist man zu vorsichtig, wird es langweilig. Ist man zu scharf, muss man unberechenbare Reaktionen fürchten. Ich bin in einem katholischen Umfeld aufgewachsen und weiß, wie viel Bedeutung religiöse Gefühle und Tabus für einen Menschen und eine Gruppe haben können – auch wenn ich selbst nicht religiös wurde. Mein Thema ist der Staat und nicht die Kirche. Und deshalb kann ich wohl auch keine Witze über Gesellschaften machen, die Kirche und Staat nicht klar trennen.

Abgesehen davon halte ich sehr viel davon, dass man erst über Dinge spricht, wenn man genug darüber weiß. Wir erhielten auch teilweise Zuschriften mit der Frage, warum wir uns über den Papst lustig machen, aber nicht über den Islam. Wir antworteten, dass wir uns damit nun mal besser auskennen. Und über die Kultur, der man angehört oder in der man aufgewachsen ist, kann man eben auch die besten Witze machen. Selbst bei unseren Papstnummern machen wir uns aber nicht über den Glauben als solchen lustig, sondern über ein politisches Amt, über die Personen Benedikt XVI und Franziskus, und über Rituale und Vorstellungen, die ich für bedenklich halte.

Die Ursache des Extremismus, der auch zu den Attentaten von Paris geführt hat, sollte man meiner Meinung nach aber nicht nur in der Religion oder in der Beleidigung religiöser Gefühle suchen. Man wird sich mit dem Thema intensiv beschäftigen müssen, aber es überfordert meine humoristischen Möglichkeiten.

Zurück nach Österreich: Wie steht es um den Kabarett-Nachwuchs?

Jetzt kommen wir endlich zu einem wirklich kontroversen Thema, da kann ich mir die Finger verbrennen. Obwohl wir schon in unseren Vierzigern sind, gelten wir in Österreich noch immer als die neuen, das ist irgendwie grotesk. Nächstes Jahr feiern wir unser 20. Jubiläum. Aber im Ernst: Ich bin leider nicht auf dem Laufenden, was die Kabarettszene in Österreich angeht.

Was würden Sie einem jungen Kabarettisten mit auf den Weg geben?

Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn jemand in meinem Alter einem jungen Menschen einen Ratschlag mitgibt. Ich muss die Frage brüsk zurückweisen. Nicht lustig! (lacht)

Bild: Ines Mahmoud
Bild: Ines Mahmoud

Wie verhindert man bei einer Parodie selbst zu lachen?

Gar nicht, das soll man auch nicht verhindern. Dieses ehrliche Lachen ist sehr wichtig. Ich höre oft vom Publikum, wie sehr man uns ansieht, dass wir selbst so viel Spaß an der Sache haben. Ich habe den Ruf von uns dreien der Lachsack zu sein. Und das genieße ich. Außerdem habe ich so viele alte Nummern mittlerweile vergessen, dass ich immer wieder über unsere eigenen Sachen lachen kann.

Abschließend, bei wem würden Sie gerne einmal nachhaken?

Da gibt es genug Personen. Aber weil es gerade passt: Auf unserer Homepage steht ausdrücklich, dass wir nicht für politische Parteien zu buchen sind. Vor kurzem kam eine Booking-Anfrage der ÖVP, ob wir beim 70. Geburtstag von Wolfgang Schüssel auftreten wollen. Das ist ein wenig indiskret, wenn ich das nun offenlege. Aber es ist für mich so grotesk, dass ich es erzählen möchte. Es zeigt gut die Grenzen unserer Arbeit auf. 15 Jahre nachdem man ihnen die Stimme wegnahm, laden sie einen zum Geburtstag ein. Als Pausenclown und Hofnarren. Um kein Geld der Welt würden wir das machen, eh klar.

Bei den Stichworten Schüssel und Geld kam es mir in den Sinn, dass Wolfgang Schüssel mit seiner Politik zwar einer Menge Leute dazu verholfen hat mit dubiosen Mitteln zu Reichtum zu kommen, aber sich selbst meines Wissens keinen finanziellen Vorteil verschafft hat. Warum? Da würde ich nachhaken.

Vielen Dank für das Gespräch!

Matti Bunzl: Ich überlasse Wien nicht den Rechtspopulisten (Bild: Christoph Hopf)

Matti Bunzl: Ich überlasse Wien nicht den Rechtspopulisten

Der Kulturanthropologe Matti Bunzl kehrt nach 24 Jahren in den USA nach Wien zurück, um das Zepter des Wiener Stadtmuseums in die Hand zu nehmen. Im Interview spricht er über die soziokulturellen Unterschiede zwischen Österreich und den Vereinigten Staaten, mögliche Wege aus der Integrationsdebatte und darüber, wie er nach dem Rekordjahr 2014 noch mehr Besucher und Besucherinnen in das „Wien Museum“ bringen will.

Wann haben Sie gemerkt, dass Geschichte Ihre Berufung ist?
Das hat eigentlich direkt mit diesem Haus zu tun. Ich bin in Wien geboren und aufgewachsen. Als ich sieben, acht oder neun Jahre alt war, begeisterten mich die ausgestellten Stadtmodelle im Wien Museum. Damals erkannte ich, dass Geschichte erfahrbar und analytisch nachvollziehbar ist. Das Modell mit den alten Stadtmauern von Wien und daneben die moderne Stadt mit den Prachtbauten an der Ringstraße zu erblicken war sicherlich ein sehr prägender Moment für meine Identitätsfindung. Viele Jahre später, genauer gesagt im Jahre 1985, beeindruckte mich die Ausstellung „Traum und Wirklichkeit“, die das Wien zur Jahrhundertwende beleuchtete. Nach meiner Matura ging ich in die USA, um zu studieren. Dort faszinierte mich die Kulturanthropologie, die versucht, die gesamte Menschheit analytisch zu erfassen. Ich sehe mich in erster Linie als Wissenschaftler und bin erst viele Jahre später ins Kulturmanagement gewechselt. Vor fünf Jahren übernahm ich die Intendanz des Chicago Humanities Festival, das größte geisteswissenschaftliche Festival in den USA. Daneben widmete ich mich aber immer der Forschung rund um die Stadt Wien und somit repräsentiert das Wien Museum genau das, was ich immer schon gemacht habe.

Nach 24 Jahren USA kehren Sie in ihre Heimat Österreich zurück. Wo sehen Sie die größten gesellschaftspolitischen Unterschiede?
Die mit Abstand wichtigste Unterscheidung, auch wenn es sicherlich ein Klischee ist, ist das tiefe Selbstverständnis der USA, ein Einwanderungsland zu sein. Ohne die rosarote Brille aufzusetzen und die unfassbare Ungleichheit in den Vereinigten Staaten zu ignorieren, muss angemerkt werden, dass Einwanderung dort als ein absolutes Plus verstanden wird. Die Bevölkerung geht davon aus, dass die USA deswegen ein so starkes Land ist, weil Menschen aus der ganzen Welt einwanderten, um den American Dream zu leben. In Österreich finden wir ein solches konstitutives Grundverständnis nicht.

Bild: Christoph Hopf
Bild: Christoph Hopf

 

Wie stark veränderten die Terroranschläge vom 11. September 2001 diese offene Haltung der Gesellschaft?
Es gibt in den USA eine Islamophobie, ja die gibt es. Aber sie ist kleiner und strukturell anders bedingt als in Europa. Ein wichtiges Gründungsmotiv der Vereinigten Staaten war neben der liberalen Einwanderungspolitik  die religiöse Freiheit. Dieser religiöse Pluralismus, der für alle Bekenntnisgemeinschaften einen Platz in der Gesellschaft vorsah, muss in einem christlichen Kontext gesehen werden. Da ging es etwa um protestantische Sekten, die in Europa verfolgt wurden. In den USA genossen sie jedoch eine unbeschreibliche Freiheit. Später förderte dies das Zusammenleben mit jüdischen und muslimischen Gläubigen.

Der Islam genießt unzählige Freiheiten. Etwa ist das Kopftuch an keiner Universität ein brisantes Thema, eine derartige Diskussion wie jene in Frankreich wäre in den USA unvorstellbar. Die Bevölkerung verstand den Angriff vom 11. September unmittelbar als einen terroristischen Angriff. George W. Bush, dessen Freund ich niemals war, zog umgehend eine Trennlinie zwischen dem Islam und den Angreifern. Er besuchte die Moschee von Washington, um dort aktiv seine Solidarität zu zeigen. In Österreich fällt es den Politikern noch immer schwer, den Islam als Teil dieses Landes zu sehen. In Amerika wäre das eine Selbstverständlichkeit.

Kann das Wien Museum zu einem besseren Miteinander beitragen?
Wir werden mit Sicherheit dieses Thema aufgreifen. Ich bin ein Realist und ein Pragmatiker zugleich. Wird das Wien Museum ein Haus werden, wo Katholiken, Juden und Muslime gemeinsam zum gleichen Lied schunkeln? Unwahrscheinlich. Wo das Wien Museum aber eine Führungsrolle übernimmt, ist in der Darstellung der Wiener und der österreichischen Realität als eine inhärent multikulturelle. Wien ist und war eine Weltstadt und das meine ich ernst. Das heißt aber, dass wir diese Stadt niemals als eine rein monokulturelle, germanisch-deutsche Stadt sehen dürfen. Das war sie nicht und das wird sie in absehbarer Zeit nicht werden. Mir geht es nicht darum, Leute für irgendeine Schunkelstimmung zusammenzubringen. Ich möchte einen Ort schaffen, wo die kulturelle Vielfalt der Stadt als eine Selbstverständlichkeit gezeigt wird.

Bild: Christoph Hopf
Bild: Christoph Hopf

Was muss in Österreich passieren, dass das Thema des Miteinanders nicht mehr derart polarisiert?
Eine solche Frage ist sehr philosophisch und wichtig zugleich. Ich bin gekommen, um Teil dieses Kampfes zu sein. Mir sind Wien und Österreich einfach viel zu wichtig, als dass ich dieses Terrain den  Rechtespopulisten überlassen kann. Das lasse ich nicht zu. Gleichzeitig glaube ich, dass effektive Antworten eine gewisse Qualität haben müssen. Ich befürchte, dass tiefemotionell sitzende Gefühle nicht leicht mit rationalen Argumenten zu beseitigen sind. Ein Beispiel: Wien und Österreich wären ohne die Einwanderung völlig überaltert, die früher oder später aufgrund fehlender Pensionsfinanzierung Pleite gehen würden. Das ist ein Faktum, wir wären so aufgeschmissen ohne Einwanderung. Das Problem ist, dass ein solches Argument nur sehr wenige Leute überzeugt. Die Rolle des Wien Museum ist, diese Ängste vor der Migration zu verstehen und die Multikulturalität in einer nicht belehrenden Art darzustellen. Da habe ich einige Ideen, die aber noch nicht spruchreif sind.

Sie übernehmen mit 1. Oktober 2015 offiziell die Führung des Wien Museum. Was sind die größten Herausforderungen?
Die große Herausforderung ist der Um- und Ausbau des Hauses. Für mich ist das unheimlich spannend und die Finanzierung spielt dabei eine große Rolle. Aber alles Geld dieser Welt kann dir kein gutes Museum zusammenbasteln. Es geht darum, eine für die Stadt relevante, spannende Plattform zu sein. Das beginnt bei Ausstellungen bis hin zum Schaffen von Orten, wo Gespräche stattfinden. Ich spreche gerne vom Labor der Zivilgesellschaft. Ich verfolge hier sicherlich eine sehr amerikanische Interpretation von Museen.

2014 war ein Rekordjahr für Ihr neues Haus. Wer ist der typische Wien Museum Besucher?
Wir haben ziemlich gute Demographien und wir sehen, dass uns die Wiener und Wienerinnen sehr lieben. Ich denke, die Menschen sehen uns als das Museum ihrer Stadt. Die klassischen Besucherinnen und Besucher möchten bewusst mehr über Wien erfahren, über seine Kultur und seine Geschichte. Das ist fantastisch und großartig. Was ich aber noch zusätzlich gern hätte, wären Besucherinnen und Besucher aus dem Ausland oder Menschen, die nur temporär in Wien sind. Gerade bei Touristen sind wir nicht so sehr am Radar, wie ich es gern hätte.

Bild: Christoph Hopf
Bild: Christoph Hopf

Scheitert das an der fehlenden Werbung im Ausland?
Da spielen natürlich unterschiedliche Faktoren mit. Wir sind ein Stadtmuseum und kuratieren Ausstellungen über die Wiener Geschichte. Derartiges zu vermarkten ist nicht leicht. Gäste aus dem Ausland orientieren sich an den vorhandenen Reise-Guides, in denen das Wien Museum nicht wirklich als eine Attraktion vorkommt. Somit müssen wir überlegen, wie wir hier auffallen und unser Angebot für diese Gruppe so spannend wie möglich gestalten können.

Sie sind ein großer Opernfan und umgeben von hochwertigen kulturellen Einrichtungen. Welche Rolle spielt Innovation in Ihrer Planung?
Eine sehr große! Ich trete an, um diesen Betrieb weiterzuführen und neue Ideen einzubringen. Es wird extrem interessante Formate und spannende Kooperationen geben. Ich treffe mich sukzessiv mit allen Kulturinstitutionen in der Stadt und jedes Gespräch ist die Basis für ein potentielles oder bereits zu planendes Projekt.

Instagram, YouTube, Snapchat. Wie sprechen Sie die Generation Y mit Ihren Projekten an?
Meine Arbeit in den USA war stark durch Social Media geprägt. Beim Kuratieren von Ausstellungen und Projekten geht es immer darum, mit welchen Marketingmethoden ich mein jeweiliges Publikum erreiche. Nur weil die Substanz existiert, heißt das noch lange nicht, dass auch jemand kommt. Gerade in einer Stadt, in der es so viele Angebote gibt. Ich muss verstehen, was junge bildungsinteressierte Menschen denken und was sie wollen. Und als Ethnologe ist das meine Aufgabe.

Abschließend, bei wem würden Sie gerne einmal nachhaken?
Eines meiner großen Idole ist Franz Boas, der Begründer der amerikanischen Anthropologie. Er war in allen Belangen eine gigantische Figur. Ihn hätte ich sehr gerne kennengelernt.

Vielen Dank für das Gespräch!