Archiv der Kategorie: Wirtschaft

Esther Eisenhardt: Wir sind weder ein Muttishop noch ein Häkelblog (Bild: Jagna Zuzanna Birkhof)

Esther Eisenhardt: Wir sind weder ein Muttishop noch ein Häkelblog

Esther Eisenhardt kennt die deutsche Start-up-Welt wie ihre eigene Westentasche. Mehr als elf Jahre arbeitete sie bei Unternehmen wie Ebay, Brands4friends und Rebate Networks. Viele Jahre nach der Geburt ihrer beiden Kinder erkannte sie die großen Herausforderungen, vor denen unternehmerische Mütter stehen. 2014 gründete sie die Onlineplattform „Mompreneurs.de“, auf der sie regelmäßig selbständige Mütter und ihre Projekte vorstellt und ihnen ein umfassendes Netzwerk zur Verfügung stellt. Im Interview spricht sie über die Versäumnisse der deutschen Politik, veraltete Rollenbilder, das Vorbild USA und Erfolgsgeschichten von Müttern, die inspirieren und das Unmögliche möglich machen.

Wie bewerten Sie die Rolle der Politik in Deutschland? Gibt es hier ein Verständnis bzw. eine Unterstützung für selbstständige Mütter?

Eine schwierige Frage. Wir sollten zuerst über die Rolle der Gesellschaft sprechen. Da wird die Mutter immer noch in einer sehr traditionellen Rolle gesehen. Sobald eine Frau Kinder hat, dann ist sie diejenige, die in der Regel zurücktritt, während sich der Mann um die finanziellen Aspekte kümmert. Immer mehr junge Frauen wehren sich gegen dieses Rollenverständnis und gehen ihren eigenen Weg. Das bringt die notwendige Veränderung. Die Politik bemüht sich mittlerweile dieses Bild aufzubrechen. Das Elterngeld Plus ist eine positive Entwicklung, aber auch hier gibt es nicht wirklich eine für selbstständige Mütter zugeschnittene Lösung.

Für mich ist es wichtig, Erfolgsdenken neu zu definieren. Auch hier gibt es ein traditionelles Verständnis, dass aus meiner Sicht vorwiegend männlich geprägt ist, wonach erfolgreiches Unternehmertum zumeist mit dem „großen Wurf“ assoziiert wird. Das schreckt viele Frauen ab. Viele Frauen gründen, weil sie finanziell unabhängig sein wollen, flexibel arbeiten und oder sich selbst verwirklichen wollen. Die Technik und die Informationsgesellschaft spielen gerade Frauen mit Kindern in die Hände. Heute ist es viel einfacher, mit wenig Geld und wenig Risiko ein Business zu starten. Das reicht völlig aus, um zu erkennen, ob ein Bedarf für die eigene Idee am Markt besteht oder nicht.

Wo und wie genau sind Sie über den Begriff MomPreneur gestolpert?

Das ist jetzt schon ein paar Jahre her. Ich war damals in einer Situation, in der ich nach mehr als zehn Jahren genug vom Angestelltenverhältnis hatte. Ideen waren schon immer da und ich habe einfach begonnen viel zu lesen und über den Teich nach Amerika zu schauen. Mir war klar, dass ich etwas für Mütter machen wollte. Aber hierbei sollte es (mal nicht) um die Familie und oder die Kinder gehen, sondern eher um die Arbeitssituation von Müttern und wie ich diese verbessern kann. Ich bin in den USA über den Begriff „MomPreneur“ gestolpert. Mir gefiel dieser Begriff so sehr, dass ich mich mit der Idee der selbstständigen Mutter genauer auseinandersetzte. Und dann begann ich auch schon mit den ersten Netzwerktreffen, die rasch zu einem Erfolg wurden.

Gibt es Unterschiede zwischen den USA und Europa?

In Amerika ist der Begriff „MomPreneur“ viel etablierter und es ist selbstverständlicher, dass Mütter unternehmerisch tätig sind. Digitales Business ist zudem weiter entwickelt als in Deutschland. Aber die Situation verbessert sich und viele Frauen sind nicht mehr bereit auf ihre Karriere zu verzichten. Da gibt es viele, die sagen, dass sie jetzt lange genug ihrem Mann den Rücken freigehalten haben. Viele Mütter sind sehr qualifiziert und erfahren. Aber irgendwann ist leider der Zug abgefahren und deshalb wagen inzwischen mehr Mütter den Schritt in die Selbstständigkeit.

Ist „The Founding Mums“ ein Vorbild für Sie?

Natürlich ist das ein großartiges Projekt, aber ich möchte meinen eigenen Weg gehen.. Dieses Netzwerk gibt es ja bereits international. Ich möchte mich eher auf den deutschsprachigen Raum konzentrieren, weil es aus meiner Sicht hier noch viel zu wenig gibt. Die amerikanische Version baut sehr stark auf Networking-Treffen und Konferenzen auf. Ich möchte Frauen nicht 1:1 beraten, sondern möglichst viele Mütter erreichen. Wie etwa durch Webinare, Google Hangouts und meine geschlossene Facebook-Gruppe. Gerade letztere ist eine unglaubliche Ressource, die sehr viel genutzt wird. Es ist aber allen Mitgliedern klar, dass es darum geht, sich gegenseitig zu unterstützen und nicht einfach nur Werbung für das eigene Projekt zu machen. Für die Mütter sind das optimale Tools, um sich zu informieren und sich inspirieren zu lassen. Abends ist vor allem die Facebook-Gruppe total aktiv, weil die Kinder schlafen. Perspektivisch habe ich viele Ideen für MomPreneurs, die ich jetzt Schritt für Schritt angehe und teste.

Esther Eisenhardt: Wir sind weder ein Muttishop noch ein Häkelblog (Bild: Jagna Zuzanna Birkhof)
Bild: Jagna Zuzanna Birkhof

Wie sieht es mit Venture Capital aus? Denken Sie bereits an eine Investorin bzw. einen Investor?

Nein, eigentlich nicht. Das möchte ich derzeit nicht. Perspektivisch denke ich eher über Modelle wie Crowdfunding nach, weil ich eine große und aktive Community habe. Aber auch die Meetups sind eine gute Einnahmequelle. Bei MomPreneurs geht es mir darum ein organisches Business aufzubauen und nicht in kürzester Zeit viel Geld rauszuholen und das Business dann zu verkaufen. Und das ist eines der entscheidenden Frage bei Venture Capital. Ich brauche nicht so viel Geld. Lieber suche ich mir Sponsoren für die Meetups oder die Webinare. Wenn du mir etwas schenken kannst, dann schenke mir Zeit.

Gibt es eine Erfolgsgeschichte einer Mutter, die Sie besonders berührt?

Ja und zwar die Geschichte von Mareice Kaiser. Ihr Blog „Kaiserinnenreich“ ist mir sehr nahegegangen. Dort erzählt sie über ihre Erlebnisse als Mutter eines behinderten Kindes und wie Inklusion in der Familie gelingen kann. Ihr erstes Kind war ein Wunschkind, das Mädchen kam dann mit einem seltenen Chromosomenfehler zur Welt. Ihr ganzes Leben hat sich von einem auf den anderen Tagen schlagartig geändert. Sie mussten jedes Mal einen Rucksack mit einem Sauerstoffgerät mitschleppen. Mareice ist eine Kämpferin, die anderen Mut macht. Und das finde ich unglaublich inspirierend.

Bekommen Sie Feedback von selbstständigen Vätern?

Es gibt nur sehr wenige, die sich bei mir gemeldet haben oder gar gefragt haben, ob sie ins Netzwerk dürfen. Ich bin keine Extremfeministin, aber die Stimmung ist einfach eine andere, wenn sich Frauen untereinander alleine austauschen können. Sie sind mir dafür sehr dankbar und fühlen sich sicherer. Es geht oft auch einfach darum, Gleichgesinnte zu treffen, die wissen wie es ist und das eben nicht so einfach ist. Wenn etwa der eigene Mann keine wirkliche Unterstützung ist und das Business für ein Hobby hält.

Ich finde es toll, wenn sich ein Dadpreneur meldet und dem sage ich, dass sie eine eigene Initiative starten sollen. Ich sehe die Mehrbelastung immer noch bei den Frauen. Und ihnen will ich so gut wie möglich zur Seite stehen. Traurig ist einfach, dass es diesen Begriff des selbstständigen Vaters eigentlich gar nicht gibt. Viele Männer setzen ihre Karriere auch als Vater einfach fort, ohne eine Einschränkung zu erfahren. Und das regt mich immer wieder auf.

In Ihren Porträts fragen Sie nach den besten Tipps & Tricks für unternehmerische Mütter. Was sind Ihre besten Empfehlungen?

Das Wichtigste ist eine Vision zu haben, also sich klar zu machen, was man wirklich möchte und sich dann darauf zu konzentrieren. Dazu gehört eine gewisse Vereinfachung der Idee, um sich dem eigentlichen Ziel nähern zu können. Es ist ganz wichtig in sehr wenig Zeit viel zu schaffen. Also eine klare Priorisierung und Unterscheidung von Dringlichkeit und Wichtigkeit ist nötig. Ich achte sehr darauf, was ich wann mache. Es gibt bei mir ganz klare Fokuszeiten, in denen ich zwei Stunden am Stück an ganz bestimmten Themen arbeite. Da lasse ich mich weder von Anrufen noch von sozialen Medien ablenken. Zudem achte ich sehr auf meine Ernährung, ausreichend Bewegung und das Geheimrezept Schlaf.

Gibt es eine unternehmerische Kompetenz, die besonders Mütter einbringen können?

Als Mutter bist du gezwungen, multitaskingfähig zu sein. Wenn man ein Kind auf die Welt bringt, ist alles neu und man muss Dinge einfach mal machen. Und das ist eine wunderbare Voraussetzung für das Leben als Selbstständige. Zum anderen müssen Mütter sehr schnelle Entscheidungen treffen und das hilft oftmals viel fokussierter zu arbeiten und in gleicher Zeit viel mehr zu erreichen.

Was ist die erste Website, die eine angehende selbstständige Mutter lesen sollte?

Mompreneurs.de, ganz einfach. Das ist ja auch mein Ziel.

Abschließend, bei wem würden Sie gerne einmal nachhaken?

Ich mag kontroverse Persönlichkeiten wie Steve Jobs. Aber letztlich finde ich es viel spannender mit Menschen wie Mareice zu sprechen. Also mit Menschen, die einen inspirieren und zu Tränen rühren. Einfach, weil sie so viel geschafft haben und sich nicht unterkriegen lassen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Silvia Jelincic: Das Bashing bringt uns unglaublich viele Leser

Silvia Jelincic: Das Bashing bringt uns unglaublich viele Leser

Sie war mehr als zehn Jahre in Österreichs Wirtschaft als Journalistin unterwegs. Jetzt möchte Silvia Jelincic neu durchstarten. Mit der im Herbst 2014 gestarteten Blogplattform „fisch + fleisch“ sorgte sie innerhalb weniger Wochen für Aufsehen. Österreichs soziale Medien standen auf dem Kopf. Im Interview spricht sie über die selbst ernannten Tugendwächter der Alpenrepublik, die besondere Beziehung von Menschen zu Pflanzen und einem Termin bei Christoph Dichand.

Muss ein in Österreich gestartetes Medienprojekt provozieren, um wahrgenommen zu werden?

Puh, Sie stellen Fragen (lacht). Jeder Mensch nimmt Provokationen anders wahr. Erst jüngst bloggte jemand auf unserer Plattform über das Thema Homöopathie. Für Leute, die absolut nicht daran glauben, war der Beitrag extrem provokant. Daraus hat sich eine fast endlose Diskussion ergeben. Also ja, es ist wohl notwendig.

Neue digitale Projekte sorgen in Österreich für viel Aufsehen. Steckt der Journalismus hierzulande in einer Krise?

Ja, ich denke schon. Sehr viele Menschen in dieser Branche nehmen sich zu wichtig. Es gibt so viele Tugendwächter in unserem Land. Sie glauben, dass sie die Wahrheit gepachtet haben und nur sie wissen, wie es geht. Diese Zeiten sind aber vorbei. Die Leute sollten sich ein wenig zurücklehnen und über den Tellerrand schauen. International hat sich so viel verändert, wir alle müssen uns weiterentwickeln. Es schockiert mich immer wieder, wie anerkannte Meinungsbildner über uns herziehen, die Art, wie sie es tun, schockiert mich. Diese selbst ernannten Tugendwächter wollen anderen vorschreiben, was geht und was nicht. Aber das sollte jede und jeder für sich entscheiden können. Offenheit und echte Toleranz sind enorm wichtig, vor allem in unserer Medienbranche. Und dafür trete ich ein. Auch wenn es blöd klingt, da bin ich Conchita.

Silvia Jelincic: Das Bashing bringt uns unglaublich viele Leser
Bild: Christoph Hopf

Wie haben Sie reagiert, als sich Armin Wolf sehr kritisch auf Twitter zu Wort gemeldet hat?

Ich nehme ihn natürlich ernst, so wie ich prinzipiell jeden ernst nehme. Was mich aber enttäuscht hat, wie er kommentiert hat – gehässig. Das hätte ich mir von einem Menschen mit einem sonst hohen Niveau nicht erwartet. Ich gebe zu, dass ich sehr emotional und wenig feinfühlig reagiert habe, vermutlich war ich ebenso gehässig und sogar noch schlimmer als er. Bei der Kritik von Armin Wolf ging es einmal um den Text von Josef Zotter, einem wirklich coolen und sehr offenen Typen. Er hat darin ein Gedankenspiel diskutiert, wonach es nur eine einzige Steuer, nämlich die Konsumsteuer, geben sollte. Diese scharfe Kritik von Armin Wolf, die hat mich schockiert. Lasst doch sein Gedankenspiel zu, wie absurd es einem selbst auch erscheinen mag. Das ist Toleranz. Gleich zu sagen, alles ist scheiße und alles ist schlecht, genau deshalb haben wir diese Probleme. Diese Angst vor Veränderung, vor Dingen, die anders sind. Es klingt vielleicht abgedroschen, aber ich liebe Menschen. Und ich möchte jedem die Freiheit erlauben, über das zu schreiben, was er möchte, solange es nicht gegen geltendes Recht verstößt.

Wie erklären Sie sich die recht überschaubare Blog-Sphäre in Österreich?

Das Problem ist, dass viele davon nicht leben können. Wenn jemand nebenbei gut verdient, dann wird er mit seinem Blog sicher wahrgenommen, dann ist es egal, er braucht das Geld nicht, aber wenn nicht, dann wird es schwierig. Und so geht es vielen in Österreich, der Schweiz und auch Deutschland. Es ist viel schwieriger, den notwendigen Traffic in einem so kleinen Land zu generieren. Aber es ist definitiv im Kommen, davon bin ich überzeugt. Mir haben viele Leute erzählt, dass sie durch unsere Plattform viele neue Leser für ihren eigenen Blog gewonnen haben. Das freut mich natürlich ungemein. Das möchten wir auch weiter pushen und mehr Raum in den neuen User-Profilen schaffen, sodass sie ihre eigenen Plattformen bewerben können. Es geht um einen Mehrwert für alle und nicht um „meine“ Leser. Was etwa Christian Rainer mit dem „profil“ im Internet aufführt. Ich schätze ihn sehr, ein intelligenter Kerl, aber das wird ihn überrollen. Er ist wie ein Dinosaurier. Schade um so einen klugen Kopf. Dieses Klammern an alte Medienstrukturen sollte aufhören.

Welches Ziel verfolgen Sie mit „fisch + fleisch“?

Natürlich soll sich ein Traum für uns verwirklichen, also dass wir richtig groß werden. Eine große Community mit interessanten Beiträgen, wo jeder schreiben kann, was ihm/ihr wichtig ist. Egal, ob Politik, Wirtschaft, Soziales oder Privates. Wir werden uns bemühen, unseren Usern das zu bieten, was sie dafür benötigen. Erst vor wenigen hatten wir an einem Tag wieder über 10.000 Besucher auf der Plattform, das hat mich umgehauen. Wir sind ja noch in der Testphase und bereiten jetzt die Umstellung auf das neue Design vor. Die Plattform wird deutlich klarer und strukturierter aussehen. Dann kommt das Geld vom Investor und wir werden einiges in unterschiedliche Werbemaßnahmen investieren. In nächster Zeit kommen noch einige bekannte Blogger aus Deutschland dazu.

Wohl kaum ein Medium auf der Welt hatte so schnell ein satirisches Gegenstück.

(lacht) Ich liebe „Grammeln + Schmalz“.

Silvia Jelincic: Das Bashing bringt uns unglaublich viele Leser
Bild: Christoph Hopf

Warum regen sich alle so auf?

Weil sie sich nicht bestätigt sehen. Auch ich muss mich manchmal ärgern, weil jemand nicht meiner Meinung ist. Und genau das ist das Problem. Auch wenn es für mich vielleicht absurd und fahrlässig ist, wenn jemand seine Kinder nicht impfen lassen will, ist es nun einmal seine/ihre Meinung. Auch wenn es uns nicht passt. Und diese andere Meinung ist natürlich gesetzlich zulässig. Wir haben erst vor kurzem wieder einen geblockt, weil er ständig ausländerfeindliche Dinge auf unserer Plattform gepostet hat. Da passen wir natürlich auf. Und wenn wir einmal etwas übersehen, dann bitte einfach den „Beitrag melden“ Button klicken, und wir kümmern uns darum.

Ist diese Angewohnheit sich aufzuregen etwas Spezifisches für Österreich?

Na ja, natürlich sind Länder wie die USA oder Großbritannien viel offener für solche Medienprojekte. Aber auch hier bei uns gibt es mittlerweile eine sehr offene junge Szene und auch die ältere Zielgruppe ist sehr interessiert. Ich dachte, uns klicken die 20-jährigen Leser an, aber nein sie sind eher 30+. Ich finde halt dieses ständige Vorverurteilen einfach unnötig.

Ihr Logo erinnert an einen Fisch, der in ein Hinterteil beißt. Hat Ihnen das schon jemand gesagt?

Jetzt werden alle Tugendwächter, die mich so gerne kritisieren, ziemlich glücklich sein und viele werden mir schreiben, dass sie es schon immer gewusst haben: „Ich bin eine Verschwörungstheoretikerin – puh!“ Also: Es gibt einen jungen Mann, der bereits mit zirka 20 Jahren Chefdesigner bei XXL Lutz war und danach Einrichtungen für zahlreiche Yachten von Oligarchen entwarf. Er ist ein Freak. Danach hat er sich selbstständig gemacht, um sein eigenes Ding durchzuziehen. Und er hat unser Logo gemacht. Er ist überzeugt von der Kraft der Formen, wie sie einst von Leonardo Da Vinci geprägt wurden, das sagt er zumindest. Er benutzte die Fischblase, weil sie eben ein solches altes Symbol ist. Und ich solle daran glauben. Ich weiß nicht, ob ich daran glaube, aber nutzt’ nix, schad’s nix. Also muss man sich diesen Popo zu Ende denken, um die Fischblase zu erkennen. Er meinte, das kann nur ein Erfolgslogo sein, wie etwa das von Chanel oder Mastercard, die haben auch so Formen. Also, Achtung Verschwörung, böse Esoterik (lacht).

Möchten Sie etablierten Medien in Österreich in den Hintern beißen?

Das war nicht mein Anspruch, also irgendjemandem etwas zu beweisen. Es ist mir so was von wurscht. Ob die da oben es geil finden oder nicht, ist mir egal.

Silvia Jelincic: Das Bashing bringt uns unglaublich viele Leser
Bild: Christoph Hopf

Helge Fahrnberger fragte auf Twitter, warum so viele Menschen bei Ihnen bloggen.

Helge Fahrnberger, dieser Medien-Mann? Ich glaube, weil sie sehen, dass es an der Zeit ist für ein offenes Produkt, das den Leuten die Möglichkeit zur Mitsprache ermöglicht. Jeder kann sich selbst positionieren und die Leute finden diese Vielfalt sehr gut. Sei es Anneliese Rohrer oder Susanne Scholl, diese Großen sind begeistert. Es ist uns bislang niemand abgesprungen, niemand von den Schreibern hat uns verurteilt. Ich danke dem Herrn Fahrnberger, weil er sehr viele Klicks generiert hat. Dieses Bashing ist fantastisch, weil es uns viele Leser und vor allem Registrierungen gebracht hat. Scheinbar brauchen wir das öfter (lacht).

Haben Sie jemals mit Eva Dichand über die Finanzierung von f+f gesprochen?

Nein, aber mit Christoph Dichand. Wenn schon ein Gerücht, dann bitte richtig. Eines vorweg: Er ist nicht beteiligt, und die „Krone“ auch nicht, aber es hat Gespräche gegeben. Ich hatte ihn kontaktiert, weil ich eine Kooperation mit der Krone wollte, so wie wir sie auch mit „Vienna Online“ oder „ATV“ haben. Beim Gespräch zeigte sich, dass er an einer Beteiligung der Krone Interesse hätte, was wir als große Ehre empfanden. Wir haben jetzt eine „normale“ Kooperation, ohne Beteiligung, und haben uns schließlich für einen Investor entschieden, Günter Kerbler, der uns unter anderem zusagte, dass er sich nicht in das Tagesgeschäft einmischt. Uns ist Unabhängigkeit sehr wichtig, ich will einfach nicht, dass mir da Leute hineinreden. Jeder der mich kennt, weiß: Ich bin stur und kein einfacher Mensch.

Welche Schlagzeile über f+f wollen Sie im Jahre 2020 lesen?

Fisch + Fleisch: Aus einer kleinen… (lacht). Eine Headline zu finden, ist schwierig, darüber habe ich noch nie nachgedacht. Aber es geht uns darum, viel Platz für viele Anliegen zu schaffen. Bei uns soll man alles sagen dürfen, was einen beschäftigt. Vielleicht eine Schlagzeile in etwa „Neue Maßstäbe für Offenheit und Toleranz“. Wäre schön, wenn es gelingt. Wir reden da natürlich immer innerhalb des rechtlich Zulässigen, aber warum soll es nicht okay sein, wenn jemand mit seinen Pflanzen spricht? Muss ich dem gleich sagen, dass er ein Trottel ist? Menschen sollten erkennen, dass jeder seine ganz persönlichen Wahrheiten hat.

Abschließend, bei wem würden Sie gerne einmal nachhaken?

Bei Ihnen, ja wirklich.

Ja, gerne.

Kommt noch, auf fisch + fleisch (lacht).

Vielen Dank für das Gespräch!

Edition F: Der Sprung ins kalte Wasser der Selbstständigkeit (Bild: Kirsten Becken)

Edition F: Selbstständigkeit ist wie ein Sprung ins kalte Wasser

Nora-Vanessa Wohlert und Susann Hoffmann wagen den Schritt, von dem viele nur zu träumen wagen: Die beiden Frauen lukrieren mithilfe von Crowdinvesting mehr als 200.000 Euro für ihre digitale Businessfrauen-Plattform Edition F. Der Leserinnenansturm ist gewaltig, renommierte Auszeichnungen wie der silberne Lead Award folgen. Bei uns sprechen sie über die Motivation zur Gründung, die Herausforderung eines gesunden Traffic-Wachstums und die notwendige Offenheit für Veränderungen.

Wie genau entstand die Idee zu Edition F?
Susann Hoffmann: Nora und ich gehören als Gründerinnen selbst zur Zielgruppe von Edition F. Für Frauen wie uns gab es keine richtige Anlaufstelle im Netz. Wir wollen Frauen, die sich beruflich verwirklichen wollen, ein digitales Zuhause bieten. Eine Plattform fernab der stereotypen Themen Mode und Beauty. Wir schaffen ein Gegenangebot zu den Wirtschaftstiteln, die sich häufig ausschließlich auf Männer fokussieren.

Nora-Vanessa Wohlert: Wir bilden sowohl die Business- als auch die Business-Lifestyle-Welt mit einem integrierten Angebot ab: inspirierende und meinungsstarke Inhalte, Networking-Angebote, Stellenausschreibungen und alles, was das Berufsleben von Frauen schöner macht. Damit wollen wir zur täglichen Inspirationsquelle werden und Frauen unterstützen, ihren Weg zu gehen – im Job und im Leben.

Woher nahmen Sie den Mut für die Selbstständigkeit?
Hoffmann: Zur Selbstständigkeit gehört immer der Sprung ins kalte Wasser. Dieser Mut ist leichter aufzubringen, wenn jemand von seiner oder ihrer Sache überzeugt ist, bereits erste Erfahrungen sammelte und er oder sie sich auf den Mitgründer oder die Mitgründerin verlassen kann. Irgendwann spürt man, ob sich das Risiko für eine Idee lohnt.

Wohlert: Es war einfach der richtige Moment, das richtige Thema und die richtige Mitgründerin. Um sich nicht verrückt zu machen, sollte man sich vor Augen halten, dass man im Notfall wieder in eine Festanstellung zurückgehen kann.

Wann haben Sie sich als Gründerin zum ersten Mal so richtig gefreut?
Hoffmann: Der Schritt zur Gründung war schon sehr einschneidend – ein neues Abenteuer, ein Wagnis. Deshalb war der erste Tag im Home Office im September 2013 eine große Freude. Die nächsten Meilensteine waren die erste Finanzierungsrunde im März 2013, der offizielle Launch im Juli 2014 und die Resonanz auf unsere noch aktive Crowdinvesting Kampagne.

Wohlert: Zusätzlich haben wir uns sehr über den silbernen Lead Award in der Kategorie Online Independent gefreut, und immer wieder, wenn wir Mails von Nutzerinnen bekommen.

Webauftritt von Edition F
Webauftritt von Edition F

Was waren die ersten Rückschläge?
Hoffmann: Alles dauert länger, als man sich das wünscht. Das bereitet einem manchmal Kopfzerbrechen.

Welche Marketingmaßnahmen setzten Sie ein, um ihre ersten Leserinnen anzusprechen?
Wohlert: Wir haben bisher kein Geld in Online-Marketing investiert, sondern sind organisch gewachsen. Unser Traffic kommt insbesondere aus sozialen Netzwerken, weil Menschen dort unsere Inhalte teilen. Facebook ist sehr relevant für uns, aber auch Twitter, Instagram und Karriere-Netzwerke wie Xing und Linkedin.

Hoffmann: Die Nutzerin steht im Mittelpunkt unseres Interesses, deshalb ist es für uns am wichtigsten genau sie ständig im Blick zu behalten. Wir müssen erkennen, welche Themen und Features die Leserinnen wirklich wollen und welche Bedürfnisse auch neue Geschäftszweige eröffnen.

Die Gretchenfrage: Umsätze generieren oder Wachstum?
Hoffmann: Das ist für jedes Startup anders. Wir haben uns dafür entschieden, sowohl gesund zu wachsen, als auch zu zeigen, dass unser Geschäftsmodell funktioniert. Wir glauben insgesamt nicht mehr so stark an die Idee, dass Reichweite allein zählt. Viel wichtiger sind zielgruppenspezifische Angebote, die die Nutzerinnenbedürfnisse ernst nehmen und ein Produkt anbieten, für das diese Zielgruppe auch bereit ist zu zahlen.

Gibt es etwas an das neben Ihnen nur sehr wenige Menschen felsenfest glauben?
Wohlert: Manchmal gibt es eine Art Abgesang auf den Journalismus. Wir glauben sehr stark an Content-Modelle und auch daran, dass mit guten Inhalten viel Geld verdient werden kann.

Drei Tools, die Sie jungen Gründerinnen und Gründern auf den Weg geben…
Wohlert: Weniger konkrete Tools, aber sehr wichtig sind regelmäßige Teammeetings und Jour fixes. Gründerinnen und Gründer sollten sich Zeit nehmen, um an der Vision und Strategie zu arbeiten, um nicht im Tagesgeschäft unterzugehen. Lasst euch nicht entmutigen und seid immer offen für Veränderungen am Geschäftsmodell.

Welche Schlagzeile möchten Sie über sich im Jahre 2020 lesen?
Wohlert: “EDITION F vernetzt Millionen von Frauen“

Abschließend, bei wem würden Sie gerne einmal nachhaken?
Wohlert: Sophia Amoruso, die Gründerin des Shops NastyGal. Sie hat es geschafft, eine vertrauensvolle Marke zu schaffen, mit der sie zugleich Nutzerinnen sowie Investoren glücklich macht.

Danke für das Gespräch.