Martin Balluch: Der Rechtsstaat hat versagt

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Martin Balluch: Der österreichische Rechtsstaat hat versagt
Bild: Ines Mahmoud

Er ist der wohl bekannteste Tierrechtsaktivist Österreichs und Obmann des 1992 gegründeten Vereins gegen Tierfabriken (VGT). Martin Balluch ist studierter Astrophysiker, der sieben Jahre lang mit der Wissenschaftskoryphäe Stephen Hawking an der Universität Cambridge forschte. Internationale Bekanntheit erlangte der Wiener im Jahr 2008, als er im Zuge der sogenannten „Tierschutzcausa“ wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Organisation für über drei Monate in Untersuchungshaft kam. Der langjährige Prozess endete in einem Freispruch. Im Interview spricht er über die Zeit im Gefängnis, den österreichischen Rechtsstaat, Stephen Hawking, den Überwachungswahn und über seine Vorstellung von einem moralisch korrekten Umgang mit der Tierwelt.

Wann haben Sie entschieden Ihr Leben dem Tierschutz zu widmen?

Ich erinnere mich an viele Erlebnisse mit Tieren aus meiner Kindheit. Damals dachte ich aber nicht daran, dass es sich um eine Berufung handelte. Mit 13 Jahren habe ich mich aber erstmals in der so genannten Alternativbewegung politisch engagiert. Tierschutz galt zu diesem Zeitpunkt nicht explizit als eigenes Thema, sondern wurde als Teil des Umweltschutzes gesehen. Die ersten beiden für mich wichtigen Ereignisse waren die Rasenfreiheit im Wiener Burggarten sowie die Anti-Atomkraftbewegung in Zwentendorf. Auch wenn ich damals noch eher Nebenläufer war, nahm mich die Polizei im Burggarten fest. Wir haben uns verbotenerweise auf die Wiese gesetzt, da saß auch Nina Hagen neben mir.

Die Polizei hat uns weggetragen und wir mussten eine sehr geringe Geldstrafe zahlen. Das war sehr prägend für mich, weil es meine erste Auseinandersetzung mit der Exekutive war. Ich habe gemerkt, dass Widerstand möglich ist und man sich dem Autoritätsglauben nicht unterwerfen muss. In der Schule hingegen hatten wir damals keine Wahl. In der Volksschule wurde ich mit einem Rohrstock geschlagen. Später war ich am Theresianum, wo es sehr autoritär zuging und man an den Haaren gezogen wurde. Unsere Lehrerin war aus dem Dritten Reich und niemand hat etwas dagegen unternommen. Somit war dieser Aktivismus sehr befreiend für mich.

Haben Sie damals an ein parteipolitisches Engagement gedacht?

Es gab zu dieser Zeit nur ÖVP und SPÖ. Die Liberalen waren nur marginal organisiert, die Grünen existierten zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Österreich war aufgeteilt in einen strikten Proporz. Parteipolitik war mir daher einfach zuwider, das war Teil der repräsentativen Autorität, die ich in Frage stellen wollte. In meiner Zeit als Studentenvertreter und der danach folgenden Hainburgbesetzung habe ich dann begonnen, mich zu organisieren. Ich war von Anfang an sehr involviert und da emanzipierte sich für mich die Idee des Tierschutzes vom Umweltschutz. Wir saßen damals im Winter am Lagerfeuer und diskutierten, warum wir eigentlich diesen Kampf führen.

Die einen nannten demokratiepolitische Gründe, andere kümmerten sich um die Pflanzenwelt. Ich sah dort aber die Wildtiere und dachte mir, dass sie alle ertrinken werden, wenn die Hainburger Au überflutet wird. Kurze Zeit später gründete ich an der Universität eine Tierschutzgruppe. Wir begannen Diskussionen zu organisieren und uns in die Thematik einzulesen. Wir wollten das Thema auf ein akademisches Niveau heben und haben den Studierenden Alternativseminare wie ökologische Ethik und Tierethik angeboten. Und wir haben die Tierversuche an der Uni offen in Frage gestellt.

Martin Balluch: Der österreichische Rechtsstaat hat versagt
Bild: Ines Mahmoud

In den Jahren danach entstanden ja zahlreiche Vereine und Organisationen. Gab es hier jemals Ambitionen, dass man als gemeinsame Front für den Tierschutz eintritt?

Ich bin seit über 30 Jahren politisch engagiert. Menschen, die Ideen vorantreiben sind fast notwendigerweise sehr eigensinnig und eher wenig kooperationsfreundlich. Sie gehen ihre eigenen Wege und können sich kaum in einem Verein finden. Wir haben den Verein gegen Tierfabriken als Nische gesehen, weil wir uns als erste für Nutztiere eingesetzt haben. Verständnis gab es so gut wie keines, weil es sich ja schließlich um Nutztiere handelte. Kaum ein anderer Verein hat diese Thematik aufgegriffen. Wir sehen uns als eine sehr basisdemokratische Organisation, ich als Obmann habe nicht wirklich viel zu sagen. Man muss also den anderen überzeugen. Das ist etwa bei den Vier Pfoten, die sich immer als eine sehr große Organisation geben, ganz anders. Die haben nicht einmal Wahlen, weil sie als Stiftung organisiert sind. Da gibt es einen Stiftungsrat, der alles bestimmen kann. Es gibt aber sicherlich sehr engagierte kleinere Vereine, die sich ebenfalls für Nutztiere einsetzen. Man hilft sich gegenseitig, aber letztlich will jeder seinen eigenen Weg gehen.

Kommen wir zur so genannten „Tierrechtscausa“ und dem jahrelangen Rechtsstreit. Wie bewerten Sie den österreichischen Rechtsstaat?

(lacht) Erstaunlich inexistent würde ich sagen. Es wird uns Aktivisten immer wieder gesagt, wir würden uns nicht an den Rechtsstaat halten, obwohl gerade wir ihn brauchen. Die Behörden und multinationalen Konzerne könnten uns ansonsten massakrieren. Nur dieser Schutz ist nicht vorhanden. Meiner Meinung nach ist eine gesetzwidrige Aktivität, sofern sie den Prinzipien des zivilen Ungehorsams, die ich in meinem Buch „Widerstand in der Demokratie“ darlege,   ein demokratiepolitisch legitimes Vorgehen. Dazu gehört, dass man die Änderung nicht durch Druck, Angst oder gar Gewalt herbeiführt. Die eigentliche Aktivität oder Aktion soll eine breite Masse erreichen, sodass eine demokratische Diskussion möglich ist. Wir werden von der Politik und von der Polizei ständig drangsaliert. Wir haben etwa während dem gesamten Verfahren drei Steuerverfahren gehabt. Zufällig (lacht). Obwohl die Sonderkommission zehn Monate lang unsere Buchhaltung durchforstete, nahmen am nächsten Tag die Finanzbehörden erneut alle Belege mit, um zu überprüfen, ob wir eventuell durch unseren T-Shirt Verkauf eine heimliche Textilproduktionsfirma sind. Und das würde natürlich gegen unsere Organisation als gemeinnütziger Verein sprechen.

Das eklatanteste Beispiel für das totale Versagen des Rechtsstaates ist, dass sowohl die Menschenrechtskonvention, als auch die Verfassung ein Recht auf Akteneinsicht garantieren. Das ist ein Grundprinzip eines fairen Verfahrens. Uns hat die Polizei von Anfang bis zum Ende die Einsicht verweigert. Einmal hieß es, dass sie keine Zeit hätten, ein anderes Mal waren sie auf Urlaub. Sogar mit einem richterlichen Beschluss haben wir es nicht geschafft. Die damalige Innenministerin schrieb uns danach einen Brief, wonach unser Verfahren die Speicherkapazität derartig belegen würde, sodass sie uns keine Einsicht gewähren könnten. Und dieses Kasperltheater hat drei Jahre lang gedauert inklusive drei richterlichen Beschlüssen. Die Akten haben wir letztlich nie gesehen. Und die haben einen sehr guten Grund dafür. Die haben sehr viel Dreck am Stecken. Wir mussten die zwei Spitzel, die sie bei uns eingeschleust haben, selbst mit Privatdetektiven aufdecken. Diese Berichte hätten sie uns nie gezeigt und wer weiß, wie viele Spitzel noch aktiv waren oder sind. Erschütternd ist, dass in einem dieser Urteile ein Richter meinte, dass es keine Möglichkeit der prozessualen Durchsetzung dieses Grundrechts auf Akteneinsicht gibt.

Ab wann wussten Sie, dass Sie bespitzelt werden?

In einem dieser Observationsberichte, den wir wahrscheinlich nie hätten bekommen sollen, wird erwähnt, dass ein weiblicher Spitzel bei einem Treffen um fünf Uhr morgens in ein Auto einsteigt. Nach der Durchsicht der Archive stellte ich fest, dass es hier vier vermeintliche Verdächtige gibt. Ich habe mit allen gesprochen, drei von vier waren auch noch da. Die vierte Person ist als Studentin nach Frankreich gegangen (lacht). Somit war mir klar, dass es vermutlich Danielle Durand war. Ein Privatdetektiv kümmerte sich dann darum und kam zu dem Entschluss, dass ihre Existenz 2005 zum ersten Mal erfunden wurde. Die Nachbarn ihrer gemeldeten und vermeintlich präparierten Wohnung hatten sie nie gesehen. Vermutlich gab es diese nur, falls wir Sie einmal besuchen wollten. Was natürlich sehr interessant war, weil sie sehr oft mit uns privat unterwegs war. Danielle war mindestens drei Mal die Woche im Büro und ich war sehr oft mit ihr in der Nacht unterwegs um etwa Jagden im Nationalpark zu dokumentieren.

Dann gingen wir gemeinsam mit dem Wochenmagazin „NEWS“ an die Öffentlichkeit, die das Ganze als „Sex-Agentin-Story“ verkaufen wollten. All das geschah während des Prozesses gegen uns. Kurz zuvor hatte der Vorsitzende der Sonderkommission unter Eid vor Gericht gelogen, da es seiner Meinung nach niemals einen Spitzel gab. Die Richterin schrieb das auch ins Urteil, Meineide in Österreich werden mit drei Jahren Gefängnis bestraft. Mein gegen ihn angestrebtes Verfahren wurde aber von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Das muss man sich einmal vorstellen! Die Richterin zwang Frau Durand zur Aussage und da sie natürlich keinerlei Beweise von terroristischen Aktivitäten vorbringen konnte, war das dann das Ende des Verfahrens. Aber eine Anekdote muss ich noch erzählen, weil das noch einmal unterstreicht wie verrückt das alles war. Als ich vor Gericht den Spitzel fragte, ob ich militant sei, meinte Frau Durand, dass ihr ein Beispiel einfalle. Ich war natürlich ganz erstaunt. Und dann sagte sie, dass wir einmal bei einer großen Treibjagd waren, um diese zu stören. Und da ich trotz des Regens aus dem Auto gestiegen bin und zu den Jägern ging, fand sie die Aktion ziemlich militant (lacht).

Martin Balluch: Der österreichische Rechtsstaat hat versagt
Bild: Ines Mahmoud

Haben Sie Danielle Durand jemals wieder getroffen?

Ich habe sie nicht mehr getroffen, habe aber versucht sie so öffentlich wie möglich zu machen. Somit sollte ein zukünftiges Spitzeln unmöglich sein (lacht). Wir haben ein Verfahren gegen die illegale Spitzeloperation angestrebt, das Verwaltungsgericht befand sich aber für nicht zuständig. Als Grund wurde angegeben, dass es sich um keine Zwangsmaßnahme mit Gewaltanwendung handelte. Wenn die Polizei also rechtswidrig gegen einen vorgeht ohne dabei Gewalt anzuwenden, dann kann man nichts machen. Das ist einfach so. Zu dem Spitzelwesen sei noch etwas gesagt: In Österreich gibt es eine Spitzelausbildung für Polizistinnen und Polizisten. Man nennt diese Personen VE, also verdeckte Ermittler. Und dann gibt es VP, Vertrauenspersonen, die man offensichtlich auf der Straße kauft. Etwa wie die ehemaligen Stasispitzel aus der DDR. Bereits 1999 wurde eine solche Privatperson sechs Monate auf uns angesetzt. Und 2007 wurde diese Person erneut durch die Polizei zu uns geschickt. Bei dieser Frau war es nicht einfach das herauszufinden, da es sich ja um eine „echte“ Person handelte. Das ist sehr, sehr beängstigend.

Sie haben den österreichischen Nationalrat in Tierrechtsfragen einige Male beraten. Können Sie sich vorstellen, dass Sie irgendwann eine rote Linie überschritten haben, sodass es zur Bespitzelung und zum Prozess gekommen ist?

Man überschreitet in Österreich immer dann eine rote Linie, wenn man es wagt aufzumucken. Die Mächtigen haben damals gemerkt, dass wir einen Druck erzeugen, der sie zu Konzessionen zwingt. Das Entscheidende war sicherlich das Verbot von Legebatterien. Eigentlich ist es lächerlich darüber zu streiten, wenn es darum geht, dass Hühner nicht in winzigen Käfigen, sondern in Hallen gehalten werden müssen. Da gab es sehr viele Kampagnen. Ich habe diese Narbe hier (zeigt auf die linke Gesichtshälfte unter dem Auge) von Herrn Lutschounig, einem ÖVP-Agrarsprecher und Kärntner Landtagsabgeordneten. Ich hatte es gewagt im Kärntner Wahlkampf 2004 bei einer angemeldeten Demo zu sagen, dass eine Stimme für die ÖVP eine Stimme für Tierquälerei bzw. Legebatterien sei. Dann kommt der plötzlich auf die Bühne und schlägt mir ins Gesicht. Der ist dann auch aufgestiegen in der Partei. Ich hatte ihn zwar vor Gericht gebracht und 700 Euro Schmerzensgeld erhalten, aber er blieb dadurch ohne Vorstrafe. Das zeigt die Mentalität dieser Menschen.

Sie waren mehr als drei Monate in Untersuchungshaft. Wie lief ein durchschnittlicher Tag ab?

Sehr brutal und psychisch sehr belastend. Brutal nicht im Sinne der Mithäftlinge, hier war der Umgang eigentlich mehr oder weniger sehr freundlich. Die Hälfte der Wärter war nett, vermutlich auch, weil sie über meinen Fall informiert waren und sich bereits gedacht haben, dass hier etwas nicht stimmte. Aber die andere Hälfte war bösartig. Ich bin mehrmals mit dem Schlagstock bedroht worden, etwa als ich einmal am Gitter meiner Zelle rausgesehen habe oder als ich ein angeblich zu langes Telefonat geführt habe. Einmal habe ich erlebt, wie Wärter über einen Häftling hergefallen sind. Er hatte angeblich eine SIM-Karte durch einen Zungenkuss einer Besucherin erhalten und irgendwer hat das gesehen. Er wurde zu Boden geworfen und dann durch den Gang geschliffen.

Der Tagesablauf in einer Zelle vom Landesgericht Wien läuft so ab: Einem Häftling stehen etwa sechs Quadratmeter zu. 23 Stunden verbringt man innerhalb der Zelle und eine Stunde kreisgehend im Hof. Da ist alles aus Beton und man sieht nur in den Himmel. Das einzige was ich gesehen habe, war der Rathausmann. Du gehst da mit 40 Leuten im Kreis, über dir die Wachen. Eine sehr makabre Situation. Zum Essen darfst du die Zelle ebenfalls nicht verlassen. Mich hat auch sehr belastet, dass so gut wie alle in der Umgebung rauchten und es keine Nichtraucherzelle gab. Zudem habe ich erst gegen Ende Bücher aus der Bibliothek bekommen und in eine Kraftkammer durfte ich nur einmal in drei Monaten. Man darf auch nur zweimal pro Woche duschen, Massenduschen mit 40 anderen Häftlingen. Wäsche waschen war auch nur sehr schwer möglich. Das war alles sehr irritierend.

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Bild: Ines Mahmoud

Was gab Ihnen damals Kraft, das alles durchzustehen?

Ich hatte sehr viel Solidarität von außen. Es gab täglich Demonstrationen, die ich auch hören konnte. Zudem haben mich zwei SPÖ-Abgeordnete und fünf Grüne besucht. Auch zahlreiche Universitätsprofessoren zeigten ihre Solidarität. Sogar mein Vater hat eine Demo für mich organisiert und durch die ganze Situation sicherlich sehr viel Neues über den Staat Österreich gelernt.

Wie sieht für Sie der ideale Umgang einer Gesellschaft mit ihrer Tierwelt aus?

Das Ideal wäre ein Zusammenleben mit Tieren, wo man ihnen möglichst ihre Autonomie lässt und keine Gewalt ausübt. Natürlich muss man sich ansehen, wie das realpolitisch aussehen kann. Ich würde jetzt aber nicht sagen, dass domestizierte Wesen frei leben sollen. Aber eben mit Anschluss an Familien und dass das Gesetz auf sie Rücksicht nimmt. Wildtiere sollten sich ohne Eingriff durch die Jagd oder die Forstwirtschaft autonom organisieren können. Ich lebe seit 30 Jahren mit Hunden zusammen und ich merke jedes Mal, dass sich ein Hund mit einer gewissen Autonomie sehr wohl fühlt. Er knüpft seine eigenen Freundschaften und agiert selbstbewusst und selbstverantwortlich. Mich würde interessieren, wie weit das gehen kann. Ich sage, dass er eine Persönlichkeit hat und wir ihm die Chance zur Selbstentfaltung geben sollten.

Was müsste passieren, um die Menschen in Massen zu einer Denkumkehr zu bewegen?

Ich glaube, dass eine Bewusstseinsveränderung bereits stattfindet. Es gibt ja nun plötzlich wahnsinnig viele vegetarische und vegane Alternativen und Einkaufsmöglichkeiten. In Wien gibt es mittlerweile 153 vegetarische Restaurants. In einer Gesellschaft suchen sich Menschen meistens den einfachsten Weg, weil sie einfach unter Druck stehen und da nimmt man oft das Einfachste, Billigste und Schnellste. Das System schiebt einen in diese Richtung, auch wenn man es vielleicht gar nicht will. Ein Beispiel sind etwa die Modeunternehmen. Jeder ist für Menschenrechte, aber man greift dann doch zu der Kleidung, die billiger ist. Und weil es eben alle anderen machen und ich als Einziger ja angeblich nichts ändern kann. Wir müssen das System ändern und die Weichen stellen. Wie etwa bei den Legebatterien. Die Gesellschaft geht en masse zu den wesentlich teureren Eiern aus Bodenhaltung. Und da geht es den Hühnern deutlich besser, auch wenn das nicht das Ende des Weges sein soll. Die politische Weichenstellung ist eine andere Frage. Aber diese Entwicklung, auch wenn man sie mit der Lupe suchen muss, existiert.

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Bild: Ines Mahmoud

Sie haben lange Zeit mit Stephen Hawking zusammengearbeitet. Haben Sie den aktuellen Film „The Theory of Everything“ schon gesehen?

Ja, den habe ich schon gesehen und war sehr fasziniert über die sehr reale Darstellung von Stephen Hawking. Sie benutzten denselben Sprachcomputer, ich kannte ihn ja noch, als er ohne technisches Hilfsmittel sprechen konnte. Auch wenn es damals sehr schwer war ihn zu verstehen. Auch seine Mimik ist unheimlich gut dargestellt, es ist ein sehr realistischer Film.

Was imponiert Ihnen bei Hawking? Was hat Sie negativ überrascht?

Für ihn waren Tiere etwas wie Roboter, obwohl sein Doktorvater sehr Pro-Tierschutz war. Und da gab es heftige Auseinandersetzungen. Ich hätte 1995 wegen meines Widerstands gegen die Hetzjagden deportiert werden sollen. Da hat Hawking mich geschützt und dank seiner Hilfe durfte ich in Großbritannien bleiben. Die Uni von Cambridge hatte ja ihre eigene Hetzjagd. Was mich extrem faszinierte war der Umstand, wie er anhand der Mathematik über den Ursprung der Welt nachdachte. Er hat eigentlich nur mit Bleistift und Papier bzw. nur durch Nachdenken diese großartige These der kosmischen Zensur aufgestellt, wonach Singularitäten im Universum gar nicht bzw. so passieren, dass sie abgeschirmt passieren und keine Auswirkung auf die Zukunft des Universums haben.

Abschließend, beim wem würden Sie gerne einmal nachhaken?

(lacht) Es gibt natürlich eine ganze Reihe an Persönlichkeiten, mit denen ich gerne sprechen würde. Einerseits in der Naturwissenschaft und der Philosophie, wie etwa mit Immanuel Kant, andererseits mit politischen Urgesteinen wie Martin Luther King und Mahatma Gandhi.

Vielen Dank für das Gespräch!